Ist generativ immer auch generisch?

Der Schlüssel liegt in der Balance: KI-gestützte Kreativität soll die Markenidentität erweitern – statt sie zu ersetzen. Menschlicher Feinschliff und Relevanz sorgen dafür, dass aus dem KI-Content authentischer, inspirierender Mehrwert wird. Und kein surrealer Fiebertraum.

Artikel KI-Bilder Symphonie Orchester Viel zu viele Finger und wo sitzt eigentlich das Orchester? Ein satirischer Social Media Post des Queensland Symphony Orchestra

Ein anderes Beispiel: Coca-Cola präsentierte sich in der Weihnachtszeit 2024 mit einem komplett KI-generierten Werbespot – und erntete einen Shitstorm. Das Unternehmen war bisher bekannt für seine aufwendig produzierten, hochwertigen Weihnachtskampagnen. Doch diesmal stammte der Spot von KI-Tools, die mit dem berühmten „Holidays are coming“-Video von 1995 gefüttert wurden. Übrigens ganz transparent, denn „Created by Real Magic AI“ wird zu Beginn eingeblendet.

Doch irgendetwas stimmt nicht...

Bei näherem Hinsehen erscheint der Spot merkwürdig. Dem LKW fehlen Räder, manchmal sogar die Fahrerkabine. Die Häuser wirken verzerrt, die Sequenzen scheinen unfertig und hastig aneinandergereiht. Billig und lieblos – so urteilten viele Fans.

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Traditionen neu gedacht: Wie Coca Colas KI-Experiment "Holidays are coming" 2024 die Fans von Weihnachtswerbung spaltete.

Warum wirken KI-generierte Inhalte oft so fake auf uns?

1. Unstimmige Details
KI-generierte Inhalte enthalten oft kleine Fehler oder unlogische Elemente, die schwer konkret zu benennen sind. Diese Abweichungen von der Realität wirken auf Menschen intuitiv befremdlich.

2. Fehlende Emotion
KI besitzt keine menschliche Kreativität oder Emotionen, was ihre Werke oft weniger authentisch wirken lässt. Die Frage, ob KI gleichwohl tiefgründige Inhalte erzeugen kann, bleibt ein zentrales Thema in der aktuellen Diskussion.

3. Vertrautheit trifft auf Fremdheit
KI kombiniert häufig vertraute, realistische Elemente mit unpassenden oder surrealen Details. Dieses Zusammenspiel von Bekanntem und Irritierendem überfordert das menschliche Gehirn.

Im Uncanny Valley

Unser Gehirn erkennt subtile Unstimmigkeiten – etwa in Proportionen, Mimik oder Bewegungen – sofort als „falsch“ und reagiert mit Unbehagen. Das „Uncanny Valley“ beschreibt dieses psychologische Phänomen: Menschenähnliche Darstellungen wie KI-generierte Avatare oder Bilder wirken bei fast perfekter Ähnlichkeit plötzlich irritierend oder leblos. Fehlende emotionale Tiefe verstärkt diesen Eindruck zusätzlich.

Für die Markenkommunikation bedeutet das: Realitätsnahe Inhalte können schnell an Akzeptanz verlieren, wenn sie nicht völlig überzeugend sind.


Artikel KI-Bilder uncanny-valley-grafik

Welche Lösung gibt es für die Markenkommunikation?

Diffusionsbasierte Bildgeneratoren wie DALL·E 2 oder Stable Diffusion sind beeindruckend realitätsnah, aber sie haben nach wie vor funktionale Einschränkungen. Sie können zwar visuelle Inputs verarbeiten und in ihre Ergebnisse einfließen lassen, doch diese Ergebnisse entsprechen selten exakt der Vorlage.

Das zeigt sich besonders, wenn man versucht, ein Bild von sich selbst hochzuladen, um ein neues Profilbild zu generieren. Die Ergebnisse weisen Ähnlichkeiten auf, bleiben jedoch weit von der Realität entfernt. Um präzisere Ergebnisse zu erzielen, müsste die KI mit deutlich mehr Daten – etwa zusätzlichen Bildern oder spezifischen Details – gefüttert werden. Das „Uncanny Valley“ bleibt ein Hindernis.

Wenn man jedoch die Technologie richtig ausspielt, kann diese Einschränkung zur kreativen Stärke werden. Denn statt sich an realistischen Darstellungen zu versuchen, können Marken auf Abstraktion setzen. Organische Formen und Farbverläufe schaffen einen unverwechselbaren visuellen Eindruck. Abstrakte Darstellungen können Werte und Persönlichkeit der Marke klar und emotional transportieren. Die Marke wird authentisch und modern wahrgenommen.

Artikel KI-Bilder generative-input-output

Markengefühl erzeugen durch visuelle Nähe

Wenn man der KI ein visuelles Element wie ein Ferrofluid-Muster gibt und lässt sie dieses frei interpretieren, entsteht abstrakte Kunst, die dennoch eine raffinierte Verbindung zur Marke bewahrt. Obwohl das Ergebnis nicht die Vorlage exakt repliziert, vermittelt es die Essenz und erweitert den visuellen Spielraum der Marke über das strikte Corporate Design hinaus.

Die kreative Interpretation birgt enormes Potenzial, insbesondere für Social Media. Marken können ihre visuelle Identität vielfältiger und dynamischer gestalten, ohne an starre Vorgaben gebunden zu sein. Gleichzeitig reduziert sich der Produktionsaufwand erheblich, da die KI den kreativen Prozess beschleunigt und vereinfacht.

Abstraktion eröffnet Marken neue Möglichkeiten, ihre Präsenz sowohl ästhetisch als auch effizient weiterzuentwickeln.

Artikel KI-Bilder crta-visual

KI in der Markenkommunikation

Ein gutes Beispiel für die Integration von KI in die Markenkommunikation ist das Projekt von CRTA, einem regionalen Zentrum für Robotertechnologie an der Universität Zagreb. Die Designagentur Bruketa&Zinic&Grey entwickelte eine visuelle Identität, die auf künstlicher Intelligenz basiert. Studenten schrieben den Namen der Institution in ihrer eigenen Handschrift. Auf kroatisch bedeutet CRTA Linie. Die KI verarbeitete diese Daten und generierte visuelle Elemente als Grundlage für ein spannendes Design.


Fazit

Obwohl KI-Modelle immer realistischere Bilder erzeugen, bleibt das „Uncanny Valley“ spürbar. Für Marken ist es daher sinnvoll, auf Abstraktion zu setzen, um eine einzigartige visuelle Identität zu schaffen, die Emotionen anspricht und das Markengefühl stärkt. Abstrakte Darstellungen sind weniger an realistische Erwartungen gebunden und vermitteln eine unverwechselbare Ästhetik. Zudem ermöglicht der Einsatz von KI einen geringeren Produktionsaufwand, da Marken kostengünstig und schnell kreative Inhalte generieren können, insbesondere für Social Media.

Was sind diffusionsbasierte Bildgeneratoren?

Das sind KI-Systeme, die mithilfe von mathematischen Diffusionsprozessen Bilder erzeugen. Diffusion funktioniert durch einen zweistufigen Prozess:

1. Diffusion
Ein Bild wird schrittweise mit Rauschen überlagert, bis es vollständig zerstört ist.

2. Rekonstruktion
Aus dem Rauschen wird iterativ ein neues Bild erzeugt.

Das Modell lernt, wie ein Bild vor jeder Rauschstufe aussah und nutzt dieses Wissen, um Bilder aus Text oder anderen Eingaben zu generieren. Diffusionsmodelle überzeugen durch hohe Bildqualität und Vielseitigkeit, erfordern jedoch viel Rechenleistung und Zeit. Sie sind beeindruckend realitätsnah – aber nicht perfekt.


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Quellen
Strategie
¹ CRTA visual identity was created by using artificial intelligence
² The Holiday Magic is coming.
³ The worst AI-generated artwork we’ve seen’: Queensland Symphony Orchestra’s Facebook ad fail
What to Know About The Uncanny Valley

Titelbild
Generiert mit Midjourney