Digitale Kommunikation verändert die Gesellschaft
„Wir schreiben immer noch E-Mails und die Jugend schickt sich stattdessen Audiofiles – wie konnte es soweit kommen?“ Mit einem Augenzwinkern und dennoch ernst gemeint zeigte Daniel Backhaus in seinem Impulsvortrag auf, wie sehr die Digitalisierung die heutige Gesellschaft prägt. Dabei schaute der Digital Communications Spezialist zunächst in die Vergangenheit und beantwortete dabei die Frage, wie die digitale Revolution von der ersten Email (1971) über Modems (1980), Emoticons (1982), den Start von Google (1998) und Wikipedia (2001) bis zum ersten iPhone (2007) unsere Welt verändern konnte. Und er blickte auch nach vorne: „Die Zukunft der Kommunikation ist Messaging“. Keine These, sondern ein Fakt, den er mit Zahlen untermauert: Während die 30-49-jährigen noch immer überwiegend E-Mails (54%) und Telefonie (45%) zur Kommunikation nutzen, liegen die Präferenzen der 14-29-jährigen mit 72% klar bei Messenger-Diensten.
Empathie und Einfühlungsvermögen sind zukunftssichere Technologien
Die Zukunft der Kommunikation ist Messaging
Weil diese Vorliebe nicht nur im privaten Umfeld gilt, sondern jüngere Zielgruppen die entsprechenden Kanäle sowohl im eigenen Berufsalltag als auch in der Kommunikation zu Herstellern, Lieferanten und Marken erwarten, müssen Unternehmen auf diese Veränderungen im Kundenverhalten reagieren. Denn wenn die Menschen immer weniger Zeit haben und erwarten, dass ihre Bedürfnisse augenblicklich befriedigt werden und Kunden Bestellungen sowie Dienstleistungen von unterwegs zeit- und ortsunabhängig ausführen wollen, müssen die Möglichkeiten der textlich-asynchronen Kontaktaufnahme ausgeschöpft werden. „Die kommunikative Infrastruktur verändert sich, und das muss ein radikales Umdenken in der Kundenkommunikation nach sich ziehen. Der Point of Sale wird zum Point of Touch wird zum Point of Talk. Märkte sind Gespräche, und Dialoge sind das neue Marketing“, schlussfolgerte er.
Der Mensch ist die größte Herausforderung in der digitalen Transformation
Dass nicht nur der Kunde, sondern auch der Mitarbeiter immer mehr in den Fokus des Unternehmensinteresses rücken muss und wird, zeigte Robert Mangelmann in seinem Vortrag „Future Work“ auf. Weil im Informations- und Wissenszeitalter Informationen nicht nur besser verfügbar sind, sondern sich auch immer besser vernetzen lassen, ist die digitale Transformation in Unternehmen unabdingbar. Unternehmer und Mitarbeiter müssen sich auf neue Begebenheiten einstellen: Wir haben es nicht mehr mit einem tayloristischen Fließband zu tun – nicht mehr mit linearen Systemen, sondern mit hochkomplexen Wirkungsmechanismen zwischen allen Beteiligten. Digitale Angebote entwickeln sich schnell weiter und richten sich an den sich wandelnden Kundenbedürfnissen aus. „Das ist der Grund, warum es keinen Sinn mehr macht, über Wochen und Monate Spezifikationen in Pflichten- und Lastenheften zu formulieren, die in ein paar Monaten überlebt sind“, so Mangelmann. Zu viel Zeit, die in traditionell geprägten Unternehmen vergeht – Zeit, in denen junge, moderne und agil arbeitende Start-ups konservative und etablierte Unternehmen überholen, die Show und in vielen auch Fällen die Kunden stehlen.
Digitalisierungsprobleme sind Strukturprobleme
Aber genügt es, auf agile Arbeitsmethoden zu setzen, um bestehende Prozesse schneller zu machen? „Auf keinen Fall“, betonte Mangelmann. Er sieht die digitale Stolperfalle vieler etablierter Unternehmen darin, dass sie ihre klassischen Projektmethoden beibehalten und sie lediglich mit agilen Methoden mischen. „Eine Herangehensweise, die nicht funktionieren kann, weil agiles Arbeiten einen Sinneswandel im Unternehmen bedeutet und die Umstellung auf ‚Agile‘ nicht auf Knopfdruck funktioniert.“ In etablierten Unternehmen steht die Gewinnerzielungsabsicht über allem. Ein entsprechendes Geschäftsmodell wird definiert und die Organisation in Funktionen und Hierarchien abgebildet. Diese Struktur führt allerdings dazu, dass die Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen häufig nicht sehr stark ausgeprägt ist: Im Durchschnitt haben zwei Drittel aller Mitarbeiter eine geringe Bindung an ihr Unternehmen, zwischen 15% und 25% gar keine.
Von Start-ups lernen
Start-ups machen das diametral anders: Sie sind nicht strukturgetrieben und fangen auch nicht mit dem Gewinn an – sie wollen ein konkretes Problem lösen. „Gewinn ist das Resultat, das Ergebnis!“, betonte Mangelmann und riet dazu, sich diese Haltung bei Start-ups abzuschauen, um zukunftsfähig zu bleiben. „Am Ende eines Tages wird die Kultur darüber entscheiden, ob ein Unternehmen läuft und ob Fachkräfte dort arbeiten wollen“, prophezeite Mangelmann und untermauerte seine These mit Fakten: Während vor zehn Jahren Mitarbeiter mit 92% ein festes verlässliches Einkommen und die Sicherheit des Arbeitsplatzes (88%) als wichtigste Kriterien für „Gute Arbeit“ ansahen, erwartet die sogenannte Generation Y heute eine gute Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit im Team (90%), eine persönlich sinnvolle und erfüllende Tätigkeit (87%) und die Möglichkeit, Dinge selbst zu lernen und sich weiterzubilden zu können (75%). Die Antwort auf diese Trends? „Richten Sie Ihre Organisation so aus, dass Einheiten entstehen, die in der Lage sind, kollaborativ und wirklich vernetzt miteinander zu arbeiten, und bauen Sie die Organisation um eine Aufgabenstellung herum auf und eben nicht in Silos, die nach Funktionen aufgeteilt sind. Kommunizieren Sie offener und machen sie die Kommunikation mithilfe moderner Software-Lösungen sichtbar. Führen Sie nicht mehr top-down, sondern auf Augenhöhe: als Enabler, Mentor und Coach. Identifizieren Sie konkrete Problemstellungen, die in ihrem Unternehmen bisher nicht gelöst werden konnten. Finden Sie Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen, die den Willen haben, etwas zu verbessern. Und lassen Sie ihnen Freiraum, Lösungen zu entwickeln, die zunächst ergebnisoffen sind und die mit der Zielgruppe immer wieder verprobt werden.“
TeilnehmerInnen beim Lösen der "Jobs to be Done"-Aufgabe
Design Sprints – neue Produkte und messbare Ergebnisse in nur fünf Tagen
Erfahrungsgemäß ist genau diese Ergebnisoffenheit für traditionsreiche Unternehmen am schwierigsten umzusetzen. Ein Grund, warum die von Google entwickelte Methode der „Design Sprints“ im Rahmen der Veranstaltung nicht nur theoretisch vorgestellt wurde, sondern von den Teilnehmern im Praxisteil selbst erprobt werden konnte. Der Design Sprint ist ein fünftägiger Prozess zum Ausprobieren von Ideen. Ein engagiertes Team diskutiert eine Herausforderung, entwirft Lösungsansätze und testet sie mit echten Anwendern. Der Sprint beginnt mit einer vagen Idee und endet nach nur fünf Tagen mit einem Prototypen und einem validen Feedback der Zielgruppe. „Eine Methode, die sich immer dann eignet, wenn die Zeit knapp ist, wenn viel auf dem Spiel steht, wenn man einfach festhängt und ein Projekt nicht voran kommt“, erläuterte Matthias Feit, Senior UX Strategy Consultant bei die firma. Dabei benötigt man für einen Design Sprint nicht viel: fünf bis sieben Personen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnissen, bestenfalls aus unterschiedlichen Abteilungen wie Marketing, Vertrieb, Engineering, Design, IT, darunter ein Entscheider, bunte Zettel, Whiteboards und einen ausreichend großen Raum. An Tag 1 werden alle im Team auf den gleichen Informationsstand gebracht, eine abgrenzbare Aufgabe festgelegt und Probleme in Opportunitäten umformuliert, nach dem Schema „Wie könnten wir …“. Weil Gruppen-Brainstormings vielerlei Nachteile mit sich bringen, werden an Tag 2 alle Teilnehmer des Design Sprints aufgefordert, in Stillarbeit mehrere Lösungsansätze zu entwickeln und zu skizzieren. Am dritten Tag wird darüber entschieden, welche Ansätze die beste Lösungen versprechen, in Form einer stillen Punktevergabe, ohne Gruppendiskussion, aber gerne in Form von konstruktiver Kritik: „Daran hat mir besonders gut gefallen, dass …“. Das Ergebnis der Abstimmung dient als Vorlage für den Entscheider, der noch am gleichen Tag entscheiden muss. Im Anschluss wird aus den Gewinnerskizzen ein Storyboard erstellt, so dass bereits an Tag vier ein Prototyp, Clickdummy oder eine interaktive Präsentation erstellt werden kann. Der Prototyp wird an Tag fünf realen Kunden präsentiert, um ein direktes Nutzerfeedback einzuholen. „Viele unserer Kunden erleben bei ihren ersten Design Sprints wahre Aha-Erlebnisse, weil sie nach nur wenigen Tagen nicht nur ein konkretes Produkt in Händen halten, sondern weil man gute und messbare Ergebnisse erhält – weil man sehr schnell weiß, ob der Kunde dieses Produkt überhaupt haben möchte oder wie man es noch besser machen könnte“, beschrieb Feit.
Design Sprints in der Praxis: Von 0 auf 100 in einer Woche
Den Kunden verstehen – Empathie entwickeln
Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die der Kunde wirklich braucht – das gelingt Unternehmen immer dann am besten, wenn sie ihren Kunden (wirklich) verstehen. „Start-ups und digitale Produkte haben immer einen Fokus: Den Menschen bzw. Kunden und dessen Bedürfnisse“, erklärte Marco Fischer, Geschäftsführer bei die firma. „Wer Produkte nah am Kunden entwickeln will, muss empathiefähig sein: gegenüber dem Kunden und sich selbst!“, so Fischer. Hilfreiche Methoden, vorausgesetzt sie werden richtig eingesetzt, sind zahlreich vorhanden und altbekannt: Persona, Empathy Map und Customer Journey, um nur einige zu nennen. „Die wahren Stärken von Start-ups liegen in zwei wesentlichen Dingen: Einfachheit und Komfort. Und diese entstehen nur durch Empathie für echte Kundenbedürfnisse, die oftmals versteckt unter der Oberfläche lauern. Deswegen sollte man bei der Erstellung von Zielgruppenprofilen und der Analyse von Bewegungsmustern immer die eigenen Annahmen hinterfragen, entweder durch Interviews, Beobachtungen oder datengestützte Auswertungen. Kombiniert mit einem nachvollziehbaren Selbstverständnis des Unternehmens, seiner Haltung – dem Why, also seinem Antrieb und seiner Vision – lassen sich Produkte, Dienstleistungen und Kommunikationsangebote definieren, die glaubhaft und begeisternd Nutzen stiften und durch anschließende Empfehlungen der Nutzer an Freunde und Gleichgesinnte eine starke Markenpositionierung ermöglichen.
Mut zur Veränderung
Woran scheitern also Traditionsunternehmen, deren Marken schon lange Bestand haben, die nachgefragte Produkte herstellen, neueste Technologien und Methoden einsetzen und die ihre Mitarbeiter wertschätzen? So falsch können sie doch bei den Zielgruppen nicht liegen und so schlecht kann ihre Organisation nicht sein, zumal ein konstantes, manchmal sogar exponentielles Wachstum die Unternehmensentwicklung seit der Gründung begleitet hat. Mangelnde Konsequenz, könnte die Antwort lauten, schaut man sich ein positives Gegenbeispiel wie den Heizungsanlagenhersteller Viessmann näher an. Max Viessmann äußert sich hierzu deutlich in einem Interview mit dem Start-up-Blog Gründerzsene.de: „Es ist weniger die Angst vor Fehlern als die starren Strukturen, die man sich über Jahrzehnte geschaffen hat, die Mitarbeiter davon abhalten, freier zu denken.“ so der Junior-Chef. Entsprechend radikal, aber auch mit viel Offenheit und ehrlicher Kritikfähigkeit begann er mit dem digitalen Umbau. Ebenso konsequent wurde in Form von zwei eigenen Venture Capital Firmen in die Zukunft investiert, denn Viessman möchte die Lebensräume der zukünftigen Generation mitgestalten. Und das hat neben der Digitalisierung viel mit Klimawandel und der zunehmenden Urbanisierung zu tun. Daraus ergeben sich viele Fragen für die Gebäudetechnik, die sich sowohl mit dem technischen Wissen aus der mehr als hundertjährigen Firmengeschichte als auch mit innovativen Ideen von Start-ups bewältigen lassen, ist Max Viessmann überzeugt.
Die digitale Transformation muss also ganzheitlich betrachtet werden und an den menschlichen Schnittstellen ansetzen, denn sie ist zunächst und vor allem eine kulturelle Herausforderung. Digitale Kultur benötigt nicht nur Software, sondern Zeit und Engagement, damit Unternehmen davon profitieren und sich für die Zukunft aufstellen können.
Marco Fischer mit dem Vortrag "Startup 101"
Zusammenfassung: So funktioniert die Digitale Transformation
- Verändern Sie die interne Kommunikation zugunsten von Vernetzung und Transparenz. Nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit und seien Sie Vorbild.
- Etablieren Sie digitale Tools und setzen Sie agile Methoden zur Unterstützung echter, abteilungsübergreifender Kollaboration ein.
- Stellen Sie Ihren Kunden und seine Erfahrungen in den Mittelpunkt und entwickeln Sie Empathie – für mehr Kundenzufriedenheit auf allen Ebenen und smarte Services.
- Fangen Sie beim Menschen an, nicht bei der technischen Problemlösung: Testen Sie Dinge aus und entwickeln Sie Ihre Produkte rund um verdeckte Bedürfnisse.
- Lösen Sie altgediente Geschäftsmodelle schrittweise ab, starten sie mit Pilotprojekten und iterieren sie diese schrittweise.
Bei Interesse oder Fragen zum Thema nehmen Sie gerne Kontakt per E-Mail kontakt(at)diefirma.de oder telefonisch unter der +49 (0)611 . 238 50 10 mit uns auf.
Zu den Präsentationen:
„Über die Kunst des digitalen Dialogs“ von Daniel Backhaus
„Dialog ist Marketing“ von Daniel Backhaus
„Future Work – Wie Arbeit sich wandelt“ von Robert Mangelmann
"Design Sprints" von Matthias Feit